Glitzerkram: Sport ist Mord

marawinter Literaturbetrieb Leave a Comment

Das Fitnessstudio sieht gar nicht aus wie ein Tempel der Qual, sondern eher wie ein nettes Wellnesshotel. An der Theke werden Eiweißriegel und bunte Mineraldrinks geboten und überall hängen Aufforderungen, dünner, schöner und gesünder zu werden. Der Sportschuh, der den Fuß beim Laufen massiert. Ultraschallbehandlungen, um den Bauchumfang zu verringern. Rollmassage für die Oberarme. Power-Vibrationstrainig für alle Muskelgruppen. L-Carnitin, um das Fett schneller in die Muskeln zu transportieren. Deprimierend.sport#
»Komm, wir wärmen uns erstmal auf dem Stepper auf.«
Was für Steffi leichtes Aufwärmen ist, bringt mich an die Grenze meiner körperlichen Belastungsfähigkeit. Ich keuche und wische mir den Schweiß von der Stirn. Zum Glück darf ich nach fünf Minuten aufhören, weil wir erst nach dem Gerätetraining das Ausdauertraining machen sollen. Ich finde zwar, dass meine Ausdauer jetzt schon ausreichend trainiert ist, aber es reicht bestimmt, wenn ich das später sage, dann muss ich mich nicht zweimal rechtfertigen.
Die Geräte gefallen mir besser, weil es dauert, bis alles richtig eingestellt ist und ich mich so lange erholen kann. Außerdem kann ich bei jedem Gerät »zu schwer« schreien, und der Trainer muss mir die Gewichte dann leichter einstellen, obwohl er mit dem Kopf schüttelt.
»Der einzige, wo dir im Weg steht, bist du selber«, belehrt er mich.
Lern erstmal deutsch, würde ich gerne sagen, aber ich habe Angst, dass er mir dann die Beine in seinem Schraubstock einklemmt und mich nicht wieder rauslässt.
Er behauptet, Sport studiert zu haben, was ich bezweifle, weil ich mir nicht vorstellen kann, wie er das Abitur geschafft hat.

»Wenn du komplett auf Kohlenhydrate verzichtest und vor dem Schlafen einen Eiweißshake trinkst, passt du bis zur Hochzeit in dein Brautkleid! Aber nicht schummeln!«
»Ich heirate doch nicht!«
»Ach so, dann habe ich dich mit der anderen verwechselt. Und ich habe mich schon gewundert.« Er lacht gemein.
Wie bitte? Bin ich nicht hübsch genug, um geheiratet zu werden?
»Welche andere?«
»Die, die vorhin das da angeschleppt hat!« Er zeigt aufs Büro. Hinter der Glasfront hängt ein weißer Chiffonschlauch, der mit rosa Federn besetzt ist. Es sieht lächerlich, scheußlich und eng aus.
»Wer heiratet denn in so was?«
»Und vor allem, wer heiratet die?«, flüstert Marco und deutet unauffällig nach links.
Ich drehe meinen Kopf und erschrecke. Die Frau, die sich in Leopardenhotpants auf dem Stepper abmüht, ist mindestens zehn Jahre älter und zwanzig Kilo schwerer als ich.
»Du hast mich mit ihr verwechselt?«, frage ich entgeistert.
»Ihr habt dieselbe Haarfarbe!«
»Höchstens die gleiche, und außerdem stimmt das nicht«, murmele ich und befreie mich aus der Rückenpresse.
»Halt, wo willst du denn hin? Wir sind hier noch nicht fertig!«
Ich wanke zu meiner Freundin, die kerzengerade auf einer Kraftstation sitzt und amazonenhaft Gewichte stemmt.
»Steffi«, flüstere ich, »bring mich zum Friseur!«
»Du bist doch noch gar nicht fertig«, sagt Steffi streng.
»O doch. Ich bin so was von fertig, das glaubst du gar nicht!«

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