Kein Wunder, dass du so aussiehst!

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Leseprobe aus Glitzerkram:

Also begleite ich Steffi zu ihrer Kosmetikerin, einer »ganz, ganz lieben« Emanuela, die ihre eigenen Produkte offensichtlich nagelverschwenderisch benutzt.

»Welche Probleme haben Sie mit Haut?«

»Eigentlich gar keine.«

Sie runzelt die Stirn und fängt an, mit irgendwelchen Streifen an meiner Haut herumzutasten.

»Aha, viel zu trocken, falsche pH-Wert. Welche Pflege benutzt du?«

»So eine grüne Tube. Manchmal. Und ich schminke mich abends ab. Wenn ich mich morgens geschminkt habe.«

»Und sonst? Reinigung, Cleansing, Conditioner? Peeling? Nachtcreme? Augencreme?«

»Äh, nein.«

»Kein Wunder, dass du so aussiehst!«

Wie sehe ich denn aus? Ich habe mir heute früh eigentlich ausnahmsweise mal ganz gut gefallen.

»Willst du deine Poren in Vergrößerungsspiegel sehen?«

»Nein danke.«

»Du musst Gesicht reinigen, jede Morgen, jede Abend.«

»Das mache ich.«

»Womit reinigen?«

»Äh, Wasser?«

»Nein, nein, so geht das nicht. Erst Reinigungslotion, Pause, Gesichtswasser, Pause, Tagescreme, Pause. Einmal in Woche Feuchtigkeitsmaske, einmal in Woche mechanisch Peeling, einmal in Monat chemisch Peeling. Das ist Grundprogramm, absolute Basic! Dann kommt Upgrades!«

Emanuela bietet mir verschiedene Serien an. Die günstigste, Naturmond-ewig-jung-Seidensanft, startet bei 108 Euro. Ich flehe Steffi wortlos an, mir da herauszuhelfen, aber sie ignoriert mich.

»Haben Sie vielleicht auch Pröbchen davon? Meine Haut brennt immer so schnell«, lüge ich.

Emanuela stellt mir eine Palette an winzigen Tigelchen zusammen, zum Preis von schlappen 40 Euro. Im Vergleich zu der Naturmondserie ist das ein absolutes Schnäppchen.

Dann begutachtet sie meine Nägel.

„Also hier hilft nur noch Gel!“

»Wie geht das? Sieht das natürlich aus?«

»Ganz natürlich, issich nur Verstärkung!«

 

Emanuela schmirgelt meine schönen Naturnägel auf und kleckst dicken Schneckenschleim drauf. Dann muss ich die Finger in einen Wärmeapparat stecken, damit das Zeug eingebrannt wird. Es zieht und brennt, aber sie erlaubt mir nicht, die Hände vorzeitig rauszuziehen. Hinterher feilt sie an den harten Klumpen herum. Meine Nägel sind fünfmal so dick wie vorher und hart wie Metall.  Ich sehe aus wie Graf Dracula, der sich monatelang nicht mehr die Nägel geschnitten hat.

Zu Hause versuche ich, sie abzumachen, aber die sind bombenfest. Und das Entfernen kostet extra, das ist schlau von der lieben Emanuela. Ich trau mich aber nicht nochmal hin, denn ich will nicht riskieren, noch natürlicher auszusehen. Muss ich halt lernen, mit Krallen zu leben.

 

Glitzerkram:

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