Weihnachten bei „Summa cum Liebe“

marawinter Literaturbetrieb Leave a Comment

Malte hat mir frohe Weihnachten gewünscht, im selben Wortlaut und mit derselben bescheuerten Grafik wie vierunddreißig anderen Personen bei Facebook auch.

Sonst ist in den Ferien nicht Nennenswertes passiert.

Wolfi rief vierzehn Mal an und schrieb mir dreiundzwanzig SMS. Ich überlegte schon, meine Handynummer zu ändern, aber wegen Malte konnte ich das nicht machen.

Jörg kam vorbei, um mir Eigenkompositionen auf der Gitarre vorzuspielen, und ich war zu schwach, um abzulehnen.

Weihnachten war wie immer, Jens und Philippa hatten Streit, Mama hat geheult und die Kinder waren laut und nervtötend. Der einzige Unterschied bestand darin, dass ich mich in diesem Jahr schon vor Lindis und Waldis Eintreffen verabschieden und in meine WG fahren konnte.

Lara machte Weihnachtsschokolade mit Zimt und Mandelaroma für mich und Tassilo, den Mama nur unter Tränen aus dem Haus gelassen hatte: „Lindi wollte doch mit dir im Duett singen!“

Der Herr Erzeuger hatte uns einen Brief geschickt, in dem wir unser Weihnachtsgeld, je einen dreizehnten Unterhaltsscheck, vorfanden.

„Es ist unglaublich“, sagte Tassilo.

„Es sind dreihundertfünfzig Euro“, sagte Lara.

Ich rege mich nicht mehr über so was auf, denn unser Vater hat uns am Tag der Scheidung einen Kostenplan überreicht, in dem sämtliche Ausgaben unseres bisherigen Lebens aufgeschlüsselt waren. Weiterhin hatte er unsere gesetzlichen Unterhaltsansprüche bis zum 27. Lebensjahr berechnet und uns eine monatliche oder jährliche Auszahlung zur Wahl gestellt. Außerdem lud er uns für die Weihnachts- und Pfingstferien nach Köln ein, den Beitrag für Kost und Logis wollte er jeweils vom Folgescheck abziehen.

Lara tröstete Tassi und stellte ihm ein Date mit ihrer minderbemittelten Nachhilfeschülerin Jacqueline in Aussicht. Dann tranken wir die Reste vom Kochsherry und schliefen bis zum nächsten Nachmittag.

 

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