Mit siebzehn wollte ich Fotomodell werden. Zu meinem großen Glück waren weder Handykameras noch Internet in Deutschland verbreitet, sodass keiner meiner Castingversuche für die Nachwelt konserviert wurde. Niemand hat mein Gestammel aufgenommen, als ich versucht habe, einem Fotografen zu erklären, warum ich mich nicht für seinen Kalender ausziehen möchte (Bist du Hausfrau oder Model, man?).
Glücklicherweise gab es noch keine Showformate, in denen Teenies sich vor einem Millionenpublikum blamieren, bevor der Verstand einsetzt. (Das geschieht leider oft erst mit Mitte zwanzig).
So machte ich still und heimliche meine Erfahrungen, bei denen schöne Bilder, ein wenig Lebenserfahrung und eher wenig Geld heraussprangen.
Mit zwanzig wollte ich Schauspielerin werden und wurde tatsächlich an einer Schauspielschule angenommen. Schnell, sehr schnell merkte ich, dass meine glamourösen Vorstellungen von diesem Beruf wenig mit der Wirklichkeit zu tun hatten. Eigentlich nichts. Ich hielt zwei Jahre lang durch, obwohl ich weder blaue Flecken noch Proben in ungeheizten Theaterräumen schätze.
Dann hatte ich genug vom Theaterleben, obwohl es noch nicht mal angefangen hatte. Ich versuchte es in der Film- und Fernsehwelt. Aber die unregelmäßig stattfindenden Castings deprimierten mich.
Hoffen, glauben, alles geben, sich schön machen und dann doch abgelehnt werden, das ist auf längere Sicht äußerst deprimierend. Und wenn es mal geklappt hat, war es noch schlimmer. Dann musste ich ewig weit fahren, fünf Stunden lang geschminkt herumsitzen, bis ich zwei Minuten lang drehen durfte, um dann wieder fünf Stunden lang herumzusitzen.
Einmal warteten wir gespannt, bis der Film im Fernsehen ausgestrahlt wurde. Leider war mein Text herausgeschnitten worden, man sah nur meinen Rücken und meine Haare. Ganz tolle Haare, das sagten auch all meine Freunde, die extra eingeschaltet hatten.
Meine erfolglosen Schauspielkollegen reisten überall herum, kellnerten und waren deprimiert. Meine erfolgreichen Kollegen reisten überall herum, hatten nie frei und waren auch deprimiert. Einmal dufte ich Stefan Raab die Hand schütteln. Leider war sie voller Kuchenkrümel, weil ich vorher als einzige beim Catering zugelangt hatte. (Nee, googlen nützt nichts, ist nicht auf Youtube. Ich hab eine Kiste voller VHS-Bänder mit all meinen Auftritten, die lass ich irgendwann mal digitalisieren, wenn ich Zeit habe. So um 2050 schätze ich. Oder nie.)
Mein Facebookprofil umfasst keine einzige Jugendsünde, weil es während meiner Jugend einfach noch kein Facebook gab.
Und ab und zu schaue ich GNTM und bin froh, dass der Kelch an mir vorübergegangen ist. Keine Ahnung, ob ich mit siebzehn den Verstand besessen hätte, mich nicht bei Heidi Klum zu bewerben. Ich weiß es wirklich nicht.
Liebe schöne junge Mädchen, macht euch zum Affen, das gehört dazu, aber bitte nicht öffentlich! Überlegt euch drei-, vier-, fünfmal, ob ihr wirklich an einem trashigen Fernsehformat teilnehmen wollt, das euch auf eure Fähigkeit zum Hungern und zur Unterordnung reduziert.
Lest lieber ein gutes Buch. Oder auch eins von mir :)