Leseprobe: Mohn

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Mohn

Ich wusste immer, dass Christine nicht meine echte Mutter war. Dennoch fühlte ich mich geborgen, wenn ich mit ihr kuschelte. Sie war so schön, schlank und weich und duftete nach Vanille.

Meine erste Erektion hatte ich in ihrem Bett. Sie warf mich nicht hinaus, ließ mich aber zukünftig nur noch ins Ehebett kommen, wenn unser Vater zuhause war. Neben ihm schlief ich aber schlecht, er schnarchte und roch nach vergärendem Alkohol. Da verzog ich mich lieber zu Viola. Die war auch weich, roch aber nicht ganz so gut wie Mama. Ich kuschelte trotzdem gern mit ihr.

Sie liebte mich, wie man einen großen Bruder eben liebt. Sie sah zu mir auf und tat beinahe alles, was ich ihr befahl. Zuweilen verbündete sie sich mit Samuel, aber das trieb ich ihr schnell wieder aus. Unser Bruder war das dritte Kind, das fünfte Rad am Wagen und ein Störfaktor in unserer sonst so harmonischen Familie. Er war absurderweise ein Papakind, obwohl unser Erzeuger die wenigste Zeit zuhause verbrachte.

Mit Johannes von nebenan gab es keine Probleme, solange wir klein waren. Seine Mutter war nicht halb so schön wie meine, daher konnte ich verstehen, dass er Christine bewunderte.

Die Schwierigkeiten begannen in der Pubertät. Wo ich mich sorgfältig kontrollierte und mit kaltem Wasser in Schach hielt, ließ er sich gehen. Er prahlte mit seiner Geschlechtsreife herum, spielte Schwanzvergleich beim Duschen nach dem Schulsport und belästigte die Mädchen unserer Klasse.

Ich nahm ihn beiseite und warnte ihn, sich besser zu benehmen, aber er lachte mich aus. „Hast du keine Bedürfnisse?“, fragte er frech.

Ich verstummte. Das Objekt meiner Träume war verbotenes Terrain. Ich liebte nur eine Frau, und das war meine Mutter. Natürlich waren die Zeiten längst vorbei, in denen ich ihr beim Baden zusehen durfte.

 

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„Mohn“ ist Teil 3 des Episodenkrimis „Verblüht“. Hier geht es zu Teil 1:

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Teil 2:

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