In der ersten Fassung von Summa cum Liebe befindet Annika sich in einer Fernbeziehung und erlebt eine böse Überraschung, als sie eine Doku über den Christopher-Street-Day in Köln anschaut.
Vertan, vertan, sprach der Hahn und stieg von der Ente
Mein Lebensabschnittsgefährte trägt ein Schottenröckchen, einen Dudelsack und einen Federhut auf dem Kopf. Er hat sich bei einem halbnackten Bodybuilder mit Lendenschurz untergehakt und marschiert grinsend durch die Kölner Innenstadt.
Ich brauche wirklich nicht lange, um zu begreifen, was das bedeutet. Wut steigt in mir auf. Da bemühe ich mich seit Wochen, meinem Freund treu zu sein, und er betrügt mich mit einem Mann! Obwohl, die Aufzeichnung ist vom Juni, streng genommen waren wir da noch nicht zusammen. Vielleicht war diese Aktion auch nur ein politisches Statement? In diesem Augenblick steckt Florian dem Tarzan seine Zunge ins Ohr und macht jede weiter Überlegung hinfällig.
Was zu viel ist, ist zu viel! Im letzten Jahr wurde ich für eine „ever lasting love“ geopfert, die danach keine drei Monate mehr gehalten hat, ich wurde an den Schauplatz eines wahnsinnigen Irren geladen, der sich bei seiner Eigentherapie ungünstig am Kopf verletzt hat, ich musste dem Mann meiner Schwester schlüpfrige Emails schreiben, um ihre Ehe zu retten und meinem minderjährigen Bruder eine Sexpartnerin versprechen, um ihn vor der Entjungferung durch eine Nymphomanin zu bewahren. Ich bin auch darauf gefasst, wegen Nötigung verklagt zu werden und im ersten Semester aus der Uni zu fliegen, aber dass mein FREUND SCHWUL IST, DAS GEHT JETZT ZU WEIT!!!!
Basti und Lara rennen in mein Zimmer, denn einen Schreikrampf hatte ich bisher wirklich noch nie.
„Da! Da!“, ist alles, was ich herausbringe, und Lara sieht gerade noch rechtzeitig, wie Florian einem zünftigen Burschi die Lederhosen vom Hintern streift.„Florian?“, fragt Lara teilnahmsvoll, während Basti wie ein Pferd loswiehert.
Sie führt mich in ihr Zimmer, zündet Kerzen an und bringt mir einen Tee. Neuerdings strahlt hier alles in Lila und Gold. Es ist so gemütlich, dass ich heulen könnte, und das tue ich auch.
„Erzähl´ uns alles von Anfang an!“, bittet sie.
„Also gut. Wir waren in Rimini, tolles Wetter, Scheißhotel, und überall nur Italiener, die den Wunsch nach Geschlechtsverkehr äußerten. Manche waren charmant, die meisten nicht. Außerdem war ich mit Moni dort, die gerne mit dem Poolboy was angefangen hätte, es sich aber aus moralischen Gründen verkniff. Der einzige, der mich nicht belästigt hat, war Florian. Er wohnte auf demselben Gang, nachmittags lagen wir nebeneinander am Strand und erzählten uns aus unserem Leben. Ich spürte sofort die Magie zwischen uns. Abends saßen wir in der Bar vor dem Hotel und er schwärmte von seinem Hobby, Kalligraphie.“
„Was ist das?“, fragt Basti.
„Schönschreiben.“ Was hat er für hübsche Buchstaben gezeichnet!
„Und da ist dir noch kein Licht aufgegangen?“, kichert Basti.
„Halt die Klappe, du Idiot“, zischt Lara.
Dafür liebe ich sie.
„Und dann?“
„Am letzten Abend hat er mir eine Strähne aus dem Gesicht gestrichen und gesagt, wie schön ich bin. Dann haben wir uns geküsst.“
„Stopp. Wer hat mit Küssen angefangen?“
„Wir beide. Naja, vielleicht war ich ein kleines bisschen früher dran, aber er hat sich nicht gewehrt. Danach hat er mich unglaublich süß angelächelt und gesagt: ´Annika, ich könnte dich fressen.´“.
„Und dann?“
„Dann sind wir in sein Zimmer gegangen und…“
„Habt´s getrieben wie die Wildschweine?“, beendet Basti meinen Satz.
„Noch ein Wort, und ich schmeiß´ dich raus, du unsensibler Klotz!“, warnt Lara ihn.
„Nein, wir haben uns aufs Bett gesetzt. Wir waren ziemlich betrunken und er hat meine Hand genommen und gesagt: Ich mach sowas normalerweise nicht, aber du riechst so gut.“
„Und dann?“
„Dann haben wir uns wieder geküsst. Dann hat er gesagt, dass es ihm sehr leid tut, aber dass sein Bus in einer halben Stunde geht und dass er noch packen muss. Er hat versprochen, mir zu schreiben, und zum Schluss hat er gesagt, dass er mich nochmal küssen will.“
„Und daraus hast du geschlossen, dass ihr eine Beziehung führt?“, fragt Lara ungläubig.
„Nein“, sage ich trotzig, „erst als geschrieben hat, dass es keine andere Frau gibt, die ihn interessiert und dass ich was ganz Besonderes bin.“
„Bist du ja auch, Liebchen. Du bist die einzige Frau, mit der er je geknutscht hat“, meint Basti.
„Und wie bist du auf den Dreck mit der Treue gekommen?“, hakt Lara weiter nach.
„Ich hab ihn bloß mal irgendwann gefragt, wie er das eigentlich so generell in Beziehungen sieht. Und da hat er gesagt, dass Treue ein schönes Ideal ist. Ich hab gefragt, ob ich mir Sorgen machen muss und da hat er gesagt: Natürlich nicht, du bist ganz sicher die einzige Frau in meinem Leben! Wenn ich es recht bedenke, hat er dabei gelacht“, gebe ich kleinlaut zu, „aber ich hab das seinem sonnigen Naturell zugeschrieben.“
„Das heißt, dass er seine Toyboys betrügen würde, nur seine platonische Urlaubsfreundin nicht, der er einmal besoffen die Zunge in den Hals gesteckt hat, weil sie so gut gerochen hat“, fasst Basti meine Beziehungsprobleme bösartig aber leider sehr treffend in Worte.
„Zumindest wissen wir jetzt, was los ist“, sagt Lara tröstend, „und jetzt suchen wir dir einen neuen Typen.“
„Ich will aber keinen anderen“, heule ich und laufe aus dem Zimmer. Wenn ich bedenke, was ich in diese Beziehung investiert habe, Telefongespräche, Emails und beinahe noch ein Zugticket. Alles umsonst! Und ich hab die ganze Zeit versucht, dir treu zu sein, du blöder homosexueller Simulant!
Weiterlesen is´nich´, denn der Plot wurde komplett umgearbeitet.
Trotzdem lesen: