„Pathos“ war ursprünglich ein Mittel der Rhetorik und stand neben Ethos und Logos für den emotionalen Appell. Heute wird der Begriff abwertend gebraucht und steht für übertrieben schwülstig ausgedrückte Emotionen.
Nirgends begegnet man so viel pathetischem Unsinn wie bei Facebook, meist garniert von falscher Rechtschreibung, Syntax und schauerlichen Grafiken.
Ich bin relativ tolerant ( und damit meine ich den ursprünglichen Sinn von „Erdulden“), aber wer direkt nach einer Freundschaftsanfrage in ein Lobgeheul auf wahre Freundschaft ausbricht, diskreditiert sich selbst.
Wie gut, dass die Seite „Nachdenkliche Sprüche mit Bilder“ einen erfrischenden Gegenpol dazu geschaffen hat. Wer sich durch die Abgründe der Plattitüden von WillyNachdenklich klickt, findet endlich ein Gegenmittel gegen den permanenten Brechreiz, mit dem Pseudohobbyphilosophen das Internet überfluten.
Das Stilmittel der Übertreibung funktioniert im Gegensatz zum Pathos auch heute noch wunderbar.
Traurig wird es nur, wenn diese Beiträge ernstgenommen werden. Aber so ist es mit dem Absurden: Man kann es nicht erklären, man muss es fühlen.
Ich bin altmodisch. Ich stehe mehr so auf das Echte, das Zurückhaltende, das Subtile, das Angebrachte.
Oder anders ausgedrückt: Wer mich mit falsch geschriebenen Binsenweisheiten zuschüttet, wird früher oder später entfernt.
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Lara trägt ein schwarzes Spitzenkorsett unter einem unschuldigen Kapuzenpulli. Sie sieht aus wie eine böse, sexy Mangafigur. Ich raffe mich zu einem Push-up-BH unter meinem schwarzen Shirt und Ohrringen auf, High Heels sind mir allerdings ein zu hoher Preis für ein einfaches Abendessen, vor allem im November. Dafür klatsche ich mir extra viel Schwarz um die Augen und leihe mir einen figurschmeichelnden Mantel von Lara, die meine Daunenjacke stillschweigend ausgemustert hat.
Wir kommen absichtlich zu spät, um uns einen Überblick über die Situation zu verschaffen. Wenn die wie Triebtäter aussehen, sind wir sofort wieder weg, das ist mal klar. Aber durchs Fenster sehen wir zwei harmlos aussehende, langweilige Durchschnittstypen am strategisch günstig reservierten Tisch, die eher nervös wirken. Also rein in die Höhle des Löwen.
Lara ist auf einmal ganz klein und lässt mich vorgehen, was bei mir kurzzeitig für Verwirrung und Staunen sorgt. Aber was soll’s. Uns kann hier wirklich nichts passieren, die Kerle haben weder unsere richtigen Namen noch unsere Adresse oder Telefonnummer, und im Raum befinden sich mindestens zehn weitere Personen.
„Hallo“, sage ich leicht verlegen.
Die Typen schauen etwas verdutzt, sind aber freundlich und wirken eher positiv überrascht.
„Jana und Melli?“, fragt der eine.
Na ja, wer soll sie sonst in einem gutbürgerlichen Lokal so mir nichts dir nichts ansprechen? Sie sehen nicht gerade aus, als würden sie mit Kontaktanfragen überhäuft.
„Yo“, sage ich.
„Na, alles klar?“, fragt der Zweite.
„Yap.“
„Wollt ihr euch nicht setzen?“, bietet uns Typ Nummer eins an. Anscheinend haben sie vereinbart, sich die wohl unerlässliche Konversation gerecht aufzuteilen, was man von uns nicht behaupten kann, Lara kriegt nämlich keinen Ton raus.
„Doch“, sage ich und rücke uns die Stühle zurecht. Glücklicherweise sind sie mit Stoff bezogen, sodass ich mein Isolierkissen nicht auspacken muss, das käme vielleicht nicht ganz so cool.
Meine drei Begleiter schweigen. Das ist irgendwie gar nicht fair.
„Und wie geht’s euch an diesem rauen Herbstabend?“, erkundige ich mich schließlich. Übers Wetter kann man ja immer sprechen.
„Bassd scho.“ Scheiße, sie sprechen fränkisch. Damit hätten wir rechnen sollen, wo wir uns doch in Franken befinden, aber wir hassen es eben einfach.
„Habt ihr so was schon öfter gemacht?“, frage ich weiter.
„Nein. Und ihr?“
„Wir, oh nein. Wir sind sehr schüchtern und das ist unser erstes Mal.“ Jetzt bin ich schon mutiger.
„Und welche von euch ist jetzt die Jana?“
„Das bin ich“, sage ich schnell, denn Lara hat überdeutlich signalisiert, dass sie heute auf keinen Fall belästigt werden möchte. „Meine Freundin ist nur mitgekommen, um auf mich aufzupassen.“
„Ich beiße nicht“, sagt der Erste und lacht nervös.
„Das sagst du jetzt, aber man kann nie wissen“, entgegne ich, „im Internet lauern potenzielle Gefahren.“
Er ist offenbar Marco26 und der andere sein „Spezl“ Jochen.