Selfpublishing: Warum zum Teufel tust du das?

marawinter Literaturbetrieb, Sonstiges Leave a Comment

Die ersten selbstverlegten Bücher, die mir in die Hände fielen, waren so grauenhaft, dass ich beschloss, niemals, unter keinen Umständen, etwas so Entwürdigendes zu tun, wie ein Buch selbst zu verlegen.

Ich schrieb jahrelang, bewarb mich selten, bekam gelegentlich eine nette Absage und machte weiter, bis ich endlich meinen ersten seriösen Verlagsvertrag angeboten bekam.

Mittlerweile habe ich eine Literaturagentin, den Vertrag fürs nächste Buch abgeschlossen und eine Option auf das übernächste. Ich sollte zufrieden sein.

Warum zum Teufel gebe ich ausgerechnet jetzt ein Buch alleine heraus?

Weil ich es will!

Nicht aus der Not, keinen Verlag gefunden zu haben, nicht als letzte Option, bevor meine Manuskripte versauern. Nein, einfach nur, will ich eine unglaubliche Lust darauf hatte.

Meine Einstellung Selfpublishern gegenüber hat sich nämlich grundsätzlich gewandelt.

Durch meine Beteiligung in Autorengruppen und meine Arbeit als Lektorin habe ich eine verblüffende Bandbreite an Qualität kennenlernen dürfen.

Und da gibt es Perlen, die einigen Verlagen standhalten würden. Aber die Autoren WOLLEN teilweise gar keinen Verlag finden.

„Das Gefühl, frei zu entscheiden, nicht jeden Schritt absprechen zu müssen, eigene Preispolitik machen zu können“, antwortet Isabell Schmitt-Egner auf die Frage, was sie an der Arbeit ohne Verlag schätzt. „Ich will selbst entscheiden, ob ich noch einen Band schreibe oder ob die Reihe fertig ist. Ich bestimme, ob es ein Happy End gibt.“

Wie einige andere erfolgreiche Selfpublisher kann sie inzwischen von ihrer Arbeit auf dem Buchmarkt leben.

 

Ich habe mir also bei der Vertragsschließung mit der Literaturagentur ausbedungen, mein Krimiprojekt Verblüht ganz alleine aufziehen zu dürfen. Und es hat unglaublichen Spaß gemacht!

Ich habe die ersten Geschichten von den Autoren in meiner Familie testlesen lassen, mir weitere Testleser bei Facebook gesucht und ein professionelles Cover anfertigen lassen.

Dann war ich mit der Arbeit fertig und habe das Buch dann eben einfach veröffentlicht. Ohne große Ankündigung, ohne festgelegten Termin, ohne irgendetwas. (Nach Unterzeichnung meines ersten Vertrags hat es elf Monate gedauert, bis das Buch erschienen ist! ELF!!)

Es war unglaublich spannend, das erste Printexemplar von CreateSpace in den Händen zu halten. Es war nervig, einen Fehler zu finden, die Daten aktualisieren zu müssen und das Buch dadurch noch mal einen Tag lang aus dem Verkauf nehmen zu müssen.

Und es war wunderbar, die ersten Rezensionen zu bekommen.

Ich habe ein Buch geschrieben, das aus sieben Perspektiven erzählt wird. Obwohl Verbrechen darin vorkommen, ist es kein wirklicher Krimi. Jede Geschichte hat einen anderen Schwerpunkt und erweckt neue Sympathien oder Antipathien. Es gibt keine eindeutig guten oder bösen Figuren und auch kein Happy End. Jede Geschichte wirft Fragen auf und beantwortet gleichzeitig Fragen aus den vorherigen oder nachfolgenden Episoden. Nur alle sieben zusammen ergeben wie ein Puzzle ein vollständiges Bild.

Ich habe keine Ahnung, ob ein Verlag so etwas mitgemacht hätte. Es interessiert mich auch nicht.

Verblüht ist mein Baby, mehr noch als mein Debüt Summa cum Liebe, weil ich alles alleine entschieden habe.

Ich habe mir erlaubt, in düsteren Geschichten dennoch Humor unterzubringen. Ich habe die Geschichten nicht chronologisch angeordnet, weil es mir so besser gefällt. Und ich bin immer noch völlig verliebt in das Cover, das Paperwork für mich gezaubert hat.

Es hat bisher drei bis vier kritische Stimmen gegeben, denen es zu verworren war, alle anderen (über dreißig) waren positiv bis begeistert.

Ich habe mein Genre „Episodenkrimi“ genannt. Wahrscheinlich habe ich mir das Genre selbst ausgedacht. Entsprechend schwierig war auch die Platzierung in den Amazonkategorien. Weder „Krimis und Detektivromane“ noch „Kurzgeschichten und Anthologien“ trafen es genau. Erst kürzlich hat mir ein befreundeter Autor die Kategorie „Mystery, Thriller und Spannung“ empfohlen, die tatsächlich am allerbesten passt.

Und nun? Will ich das wiederholen?

Mal sehen. Einerseits habe ich einige Ideen für eine Fortsetzung, andererseits arbeite ich an zwei anderen Romanprojekten und bin momentan zeitlich ziemlich ausgelastet. Die Werbung für Verblüht bleibt komplett an mir selbst hängen, logisch. Das kann Spaß machen, manchmal aber auch entsetzlich nerven.

Aber das Gute am Selfpublishing ist ja, dass ich keine großen Pläne im Voraus machen muss. Wenn es mich wieder packt, setze ich mich eben hin und tue es nochmal. Das fühlt sich verdammt gut an.

 

Leseprobe zu Verblüht:

dest-final

Anmerkung zum Schluss:

Ich möchte nicht verhehlen, dass natürlich immer noch Bücher der Kategorie „Schade ums Papier“ existieren. Da das Selfpublishing jedem offen steht und der Aussiebungsprozess der Verlage fehlt, finden auch „Werke“ ihren Weg, die man nicht mal seinem bösen Nachbarn zu Weihnachten schenken würde.

Aber das macht nichts. Die Welt ist bunt. :)

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